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‚Planen sie was?‘ – AfD Parteitag in Henstedt-Ulzburg

Oktober 18, 2016

Das kann ja alles nicht so stimmen, was über die AfD berichtet wird –  habe ich mir gedacht. In Schleswig-Holstein ist das nicht so schlimm – habe ich gehofft. Ausreißer gibt es sicherlich, aber im Gros wird es halbwegs gesittet vonstattengehen – vermutete ich. Doch leider kam alles anders.

Angespannte Stimmung

Für das NDR Schleswig-Holstein Magazin war ich am vergangenen Samstag (15.10.2016) auf dem Landesparteitag der AfD in Henstedt-Ulzburg. Ein Rechercheauftrag – ich sollte mir von der Partei ein Bild machen, die derzeit nach einer Forsa-Umfrage in Schleswig-Holstein bei 9% liegt. Unsere Plätze waren mit handgeschriebenen Zetteln versehen, „Presse“ stand darauf. Ein Kollege schrieb darüber das Wort „Lügen-“ und zeigte es allen anderen Journalisten grinsend. Niemand lachte, noch keine Konfrontation bitte, las ich aus den Gesichtern.

Anti-Antifa-Methoden

Ich ging dann anfangs ein wenig durch den Raum, schaute mich um und mein Blick landete auch mal auf den Tischen. Auf einem lag eine Tagesordnung. Ich blieb eine Sekunde stehen, schaute genauer hin, bis auf einmal 2 Menschen auf mich zu rannten. Eine Frau, ein Mann.

Jörg Nobis, AfD Listenplatz 1 Jörg Nobis, AfD Listenplatz 1

Wütender Gesichtsausdruck, Brust raus, Kinn nach oben. „Was schauen Sie hier auf die Tische? Planen Sie etwas?“. Ich verneinte und war immer noch nett und freundlich, aber ebenso verwundert über die Art und Weise der AfDler. Doch die Situation war damit nicht beendet. Die Dame zückte Ihr Handy und wollte von mir ein Foto machen. Solch eine Vorgehensweise kenne ich sonst nur von Demos der NPD, sogenannte ‚Anti-Antifa-Methoden‘. Ich wies sie auf mein Recht am eigenen Bild hin und sie nahm ihr Handy wieder runter – vermutlich hatte sie da schon ein Foto gemacht oder hat es später noch einmal versucht.

‚Nutznießer des Rundfunkfinanzierungs-Staatsvertrages‘

Dass das Akkreditierungsverfahren dann vollkommen schiefging und alle Mitglieder den Raum nochmal verlassen mussten, um ihren Personalausweis noch einmal überprüfen zu lassen – geschenkt. Als es dann mit gut einer Stunde Verspätung losgehen konnte, machte der bieder wirkende Vorsitzende gleich klar, was er vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk hält.

Neben mir saß ein älterer Herr. Die ganze Zeit hatte er schon immer wieder zu mir rübergeschaut. So intensiv, dass ich vermute, er wolle mich mit seinen Blicken bewegen, ihn zu fragen, was los ist. Als er merkte, dass ich nicht reagiere, sprach er mich an: „Und von welcher Presse kommen sie?“ „Norddeutscher Rundfunk“, antwortete ich. Kurze Pause. Ein langsames Nicken. „Und sie nennen sich Presse?“ Mein Kollege neben mir, der dem Gespräch gelauscht hatte, schaute mich fragend an und wir beide beschlossen wortlos wortlos zu bleiben.

Kamerateam beobachtet

Unser Kamerateam berichtete dann, dass sie angepöbelt wurden. Von mehreren unscheinbar wirkenden Personen – ähnlich wie die beiden AfDler, die mich gefragt hatten, ob ich etwas plane. Außerdem wurde das Kamerateam permanent von 2 Securitykräften ‚bewacht‘ oder vielleicht eher beobachtet. Ein freies Arbeiten ist so zwar möglich, aber gut fühlte es sich nicht an. Zumal es keinen Anlass zur ‚Überwachung‘ gab. Unser Kameramann beschwerte sich daraufhin auch bei den Organisatoren. Geändert hat es nichts.

‚Querulanten‘ wollen Parteitag abbrechen lassen

Der Ablauf des Parteitages ist in meinem Beitrag für das Schleswig-Holstein Magazin beschrieben. Der ‚Bad Bramstedter Kreis‘, anscheinend eine Ansammlung von AfD-Mitgliedern aus Bad Bramstedt, hat am Anfang des Parteitages versucht, diesen zu verhindern. Ihrer Meinung nach wurde der Vorstand im April nicht ordnungsgemäß gewählt, weil die Einladungen zum damaligen Parteitag nicht alle Mitglieder erreicht haben sollen. Gut 2 Stunden wurde über diese Formalität gesprochen. Die stellvertretende Bundesvorsitzende Beatrix von Storch wird vermutlich weniger begeistert gewesen sein, sie war extra angereist.

 

Holm und von Storch in Henstedt-Ulzburg Holm und von Storch in Henstedt-Ulzburg

Das rote Band

Die Formalitäten sind bei solchen Parteitagen sehr wichtig. So bekam die Presse ein rotes Band, dass uns als Vertreter der umstrittenen Zunft ausreichend kennzeichnen sollte. Am Anfang scherzten wir Journalisten noch über dieses rote Band. ‚Gerade Rot‘, ‚Rotfunk‘, ‚Achtung Presse‘ tuschelten wir. Doch dieses Band sollte im weiteren Tagesverlauf noch eine größere Rolle spielen.

 

TEIL 2